Philosophie

Häuser sind Refugien für die Träume der Menschen. Assoziative Erinnerungen stecken in vielen Objekten und Details unserer Wohn- und Arbeitswelten – Architektur als ein poetisches Phänomen: so philosophiert Gaston Bachelard in seiner „Poetik des Raumes“. Architektur ist somit mehr als die reine gebaute Materie. Vielmehr ist sie Kunst einen allgemeinen Zustand des Übergangs, von der räumlichen Idee über die gebaute Form bis zu den Empfindungen der Nutzer, in der Schwebe zu halten.
Dieses vielschichtige Wissen um die Architektur wird von Schilling Architekten fortwährend erweitert. Mit jedem Projekt stellt sich die Frage nach dem Wesen und dem Umfang von Architektur neu. Johannes Schilling vollzieht in seiner Architektur eine beständige Evolution von Form und Ausdruck in dem von Raum und Kontext gesetzten Rahmen. Historie, soziale Belange und schlichtweg Funktionalität mögen die Architektur prägen, aber bestimmt wird sie von der Sensibilität die Dinge in einem erweiterten Verständnis aufzunehmen und zu reflektieren. Der Widerhall, der dabei in uns Betrachtern und Nutzern erzeugt wird, ist der eigentliche Gewinn. So bleibt die Architektur gleichermaßen zugänglich und voller lebhafter Überraschungen – mit anderen Worten, ein Phänomen.

Wenn es Schilling Architekten gelingt durch ihre Architektursprache, über die zunächst funktionalen Belange hinaus, einen poetischen Widerhall in uns auszulösen, dann kann man in Anlehnung an Bachelard von einem ästhetischen Phänomen sprechen. Dieses Phänomen ist dann durchaus auch vergleichbar mit dem Gebrauch unserer eigenen vokal artikulierten Sprache. Denn im Umkehrschluss verglich der Philosoph Ludwig Wittgenstein unsere sprachlichen Fähigkeiten mit der Struktur der gebauten Umwelt: „Sprache kann man ansehen als eine alte Stadt: Ein Gewinkel von Gässchen und Plätzen, alten und neuen Häusern und Häusern mit Zubauten aus verschiedenen Zeiten; und dies umgeben von einer Menge neuer Vororte mit geraden und regelmäßigen Straßen...“ (Philosophische Untersuchungen)

Die Analogie Wittgensteins spricht von dem Zusammenwirken von Alt und Neu, von scheinbar wahllos Zusammengewürfeltem und den nach einem exakten wie präzisen Plan angelegten Ordnungen. Unsere Sprache verrät viel über unsere Herkunft, Stimmung und Intentionen. Gleichsam auskunftsreich kann die architektonische Handschrift des Architekten sein. In seinen geplanten und gebauten Kubaturen steckt ein Vielfaches von Informationen über ihn selbst wie über die Gesellschaft, für die er das Bauwerk schuf. Buchstäblich stehen uns die Gebäude offen, wir müssen sie nur betreten und ergründen, um auf die Ursprünge und Fundamente der architektonischen Intentionen zu stoßen.

Die Architektur von Johannes Schilling ist offen. Sie ist klar einsehbar und erkennbar in ihren Strukturen, Formen und Funktionen. Somit wird sie auch für jedermann nachvollziehbar und erklärt sich aus sich selbst heraus. Johannes Schillings Werk offenbart sich auf diese Weise. Von der ersten konzeptionellen Skizze bis zur Raum teilenden Wand, Träger, Brüstung oder Treppe verfolgt sie eine lineare Beständigkeit. Dabei eröffnet sie ein abwechslungsreiches Spiel der Variationen von Struktur, Tektonik, Fläche, Oberflächen, Materialien und Farben. Ohne von den grundlegenden Eindrücken abzulenken, oder sie gar zu verschleiern, leitet uns Johannes Schilling durch seine Gebäude. Der Weg zeichnet und zeigt die Architektur zugleich. Am Ende der Strecke ist der Besucher um einige wesentliche Erfahrungen reicher.