Robertstraße
Köln Kalk, 2016

Zusammenarbeit mit urbane gestalt | johannes böttger landschaftsarchitekten


Leitgedanke des Entwurfes ist es, durch möglichst intelligente und ökonomische Verteilung der Baumassen der gebotenen städtebaulichen Dichte eine räumliche Großzügigkeit und Weite entgegenzustellen, die an diesem besonderen Standort nicht nur qualitativ hochwertigen Wohnraum ermöglicht, sondern auch eine interessante stadträumliche Bereicherung des gesamten Quartiers darstellt.


Städtebauliche Figur

In Ergänzung der kleinteiligen gründerzeitlichen Bebauung nördlich und westlich und an der Nahtstelle zu den großmaßstäblichen baulichen und infrastrukturellen ‚Errungenschaften’ neueren Datums im Osten wird mit einer einfachen und prägnanten Bauform das Grundstück als lebenswerter Wohnstandort entwickelt und das östlich angrenzende Wohnquartier insgesamt gestärkt.
Als typologische wie logische Fortführung des im nördlichen Blockbereich bestehenden städtebaulichen Ordnungsprinzips der strikten Trennung von ‚vorne’ und ‚hinten’, öffentlichen und privaten Bereichen wird die Bebauung als konsequente Blockrandschließung konzipiert. Auf diese Art wird mühelos sowohl eine hohe Qualität der fast ausnahmslos auf den ruhigen Innenbereich orientierten Wohnungen, als auch eine unaufgeregte und angemessene Fassung der Straßenräume erreicht.
Der Binnenbereich wird folgerichtig in Ost-West-Richtung von Bebauung freigehalten, so dass er als ein großer zusammenhängender Raum erlebbar wird.
Die neue Bebauung schließt dazu in einer Flucht an die beiden bestehenden Endgebäude des Blockrumpfes an und führt sie in einer zeitgemäßen Sprache fort. In der Rolshoverstraße wird diese Bauflucht durch zwei leichte Knicke dezent aber sehr wirkungsvoll strukturiert und bis zur Einmündung der Dillenburger Straße fortgeführt.
In der Robertstraße dagegen zieht sich die Bauflucht nach 40 Metern zurück und gibt Raum für den als städtischen Platz ausgebildeten öffentlichen Spielplatz.
Der Baublock wird so auf eine hinsichtlich der Belichtung und Besonnung sowie der Nutzbarkeit des Innenhofes ausreichende Tiefe reduziert, und die bestehende nördliche ‚Spitze’ erhält ihr südliches Pendant.
Die entstandene Platzsituation wird an ihrem südlichen Ende durch einen markanten Solitärbaukörper, der besondere Wohnformen, etwa die Wohngemeinschaft beherbergt, begrenzt. Die etwas niedrigere Bebauung an der Dillenburger Straße erhält ein durchlässiges Gegenüber.
Von diesem eingerückten öffentlichen Raum aus führt eine Wegeverbindung in Ost-West-Richtung durch die neue Bebauung hindurch und bindet diesen an die Rolshoverstraße an und verleiht ihm zusätzlich Präsenz. Vor der Beeinträchtigung durch Verkehrslärm geschützt und dennoch an seine Umgebung optimal angeschlossen kann hier ein wirklich neuer urbaner Raum im Kontext des Kalker Wegegeflechts entstehen.
Die Konzeption der Bebauung ließe sich verkürzt als ‚ Weiterbauen + ’ titulieren.


Maßstäblichkeit | Baukörper

Die Sprache des Siedlungsbaus soll hier nicht gesprochen werden. Die Bebauung wird in acht einzelne, identifizierbare Baukörper unterteilt, von denen sieben die Blockergänzung und einer den Solitär bilden. Die Kleinteiligkeit der Parzellierung der Gründerzeit wird durch eine selbstbewusste zeitgemäße Morphologie ergänzt, auf die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der angrenzenden Straßenräume reagiert.
Höhenentwicklung | Anschluss an den Bestand
Im Sinne einer homogenen Quartiersbildung und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Ausnutzung des Areals und der vorgegebenen Höhenbegrenzung wird auf eine differenzierte Höhenentwicklung verzichtet. Alle Baukörper werden als ‚5 2/3’-geschossige Bauten vorgeschlagen. Gegenüber etwas niedrigeren Bebauung an der Südseite der Dillenburger Straße wird hier durch den Verzicht auf ein Staffelgeschoss sowie die Öffnung der Bauflucht zu und das leichte Einrücken des Solitärs reagiert.
An die beiden denkmalgeschützten Gründerzeitgebäude an der Robert- und Rolshover-straße wird ‚mit etwas Abstand’ durch die Anordnung offener, horizontalen Erschließungs-gänge zu den kleineren Wohneinheiten und Studentenappartements angeschlossen.


Architektonische Gesamtqualität

Die architektonische Gesamtqualität des Entwurfes wird durch eine zurückhaltende, zeitgemäße Sprache erzielt. Die Baukörper moderner, informeller Prägung stellen einen dem Ort angemessenen soliden und robusten Wohnungsbau dar. Der prägnante Solitärbau bedarf sicherlich noch der genaueren architektonischen Ausformulierung um seiner besonderen Stellung gerecht zu werden.
Bautypologie
Durch die Ausnutzung der städtebaulich vorgegebenen Höhenentwicklung entsteht die Grundlage für die Schaffung des urbanen Ortes. Das Erdgeschoss der Geschosswohnungsbauten ist um einen bis eineinhalb Meter erhöht angeordnet. Diese Hochparterrelösung bewirkt deutliche Qualitätsgewinne für die dahinter befindlichen Wohnräume und ist die Anwendung einer bewährten städtischen Wohnform.
Die homogene Ausbildung der Baukörper mit konsequent innenliegenden Freisitzen zu den öffentlichen Räumen bietet geschützte Rückzugsorte im Freien für die Bewohner im dichten Gefüge von Bebauung und Verkehr. Zu dem ruhigen südlichen Innenbereich sind vorgehängte, etwas verspielt versetzte Balkone vorgesehen, die hier eine eher familiäre Atmosphäre vermitteln.


Erschließung | Wohnungsmix | Wohnungsverteilung | Finanzierung

Die klassischen Wohneinheiten werden als Drei- oder Vierspänner erschlossen. Lediglich die Studentenappartements werden über Laubengänge (Norden) oder ein großzügigen offenen Innenhof (Solitär) erschlossen. Die Treppenhäuser werden auf den Nord- und Ostseiten angeordnet.
Der vorgegebene Wohnungsmix wurde weitestgehend erfüllt, mit leichtem Überhang zuguns-ten kleinerer Wohneinheiten.
Die unterschiedlich großen Wohneinheiten wurden gleichmäßig über das Baufeld und auch die Etagen verteilt. Es wurde Wert darauf gelegt, dass alle Wohneinheiten über Süd- oder Westausrichtung und über eine Anbindung an einen ruhigen Innenbereich verfügen.
Wir schlagen vor, die freifinanzierten Wohnungen in zwei Ost-West-orientierten Baukörpern an der Robertstraße vorzusehen. Das vorgegebene Verhältnis von öffentlich gefördertem zu freifinanziertem Wohnungsbau konnte realisiert werden.


Mehrgenerationenhäuser, Wohngemeinschaft, Studentenapartements

Wir schlagen vor, die besonderen Wohnformen mit Ausrichtung auf und Anbindung an den öffentlichen Stadtplatz anzuordnen um diesen zusätzlich zu beleben. Die beiden Mehrgenerationenhäuser sind an der nördlichen Platzseite vorgesehen, die Wohngemeinschaft scheint prädestiniert für das Erdgeschoss des Solitärgebäudes. Die über 80 Studentenappartements sind zum einen ebenfalls in diesem Solitär, zum anderen in der Brandwandbebauung zum Bestand untergebracht.


Kindertagesstätte

Die Kindertagesstätte wird eingeschossig organisiert und befindet sich im Erdgeschoss des nördlichen Baukörpers an der Rolshoverstraße und in dem niedrigen Baukörper, der den Innenbereich unterteilt. Sie fasst die fußläufige Ost-West-Querung, schützt den eigenen Freibereich und ist gleichzeitig sowohl an den öffentlichen Spielplatz angebunden als auch von der Rolshover Straße aus leicht erreichbar.


Fassadengestaltung | Materialität

Eine zurückhaltende Sprache, ein ausgewogenes Verhältnis von horizontaler und vertikaler Gliederung sowie die klar ablesbare Kontur der Gebäude sind die wesentlichen Charakteristika der Konzeption. Die gegenüber den öffentlichen Straßenräumen in die Gebäudevolumen vollständig eingelassenen, von außen dennoch wahrnehmbaren Loggien, lockern das Gesamtbild in angenehmer Weise auf.
Die jeweils acht Baukörper sollten straßenseitig hinsichtlich ihrer Textur, Oberflächen-behandlung und Farbigkeit leicht differenziert voneinander ausformuliert werden, jedoch einem gemeinsamen Farb- und Formenkanon verpflichtet bleiben. Dies korrespondiert einerseits mit den unterschiedlich dimensionierten Straßenräumen, schafft aber andererseits ein harmonisches Gesamtbild aus Einheiten, die in ihrer Maßstäblichkeit angenehm und begreifbar sind.
Hinsichtlich der Materialität der Fassaden bietet die konsequente Trennung von städtischer Außen- und privater Innenseite die Möglichkeit der differenzierten Behandlung. Ein schöner, glatter Ziegel wäre als robuste Oberfläche für die sieben, den Blockrand bildenden Baukörper stadtseitig sicherlich an diesem Ort eine gute Wahl. Innenseitig wäre auch eine schöne Putzfassade denkbar.


Wirtschaftlichkeit

Die vorgeschlagene konsequente Ausnutzung der zulässigen Bebauungsdichte bei ökonomischer Baukörperkonfiguration, -stellung und -organisation, die dennoch eine atmosphärische Großzügigkeit des Gesamtensembles ermöglichen, scheint uns die notwendige Grundlage für einen wirtschaftlichen und letztendlich auch architektonischen Erfolg des Projektes zu sein. Die von uns vorgeschlagene Dichte (GFZ eff.) beträgt unter Berücksichtigung des §21 (a) der BauNVO 1,88.


Freiraumkonzept

Ein städtischer Hof im Norden
In Ergänzung des Bestands entsteht hier ein durchgrünter städtischer Hof. Die großen Bestandsbäume werden mit lichtdurchlässigen, großkronigen Gehölzen ergänzt. Trotz unterschiedlicher Baujahre erzeugen die Bauten mit einer umlaufenden Traufhöhe und das hohe Baumdach einen Zusammenhang. So ist die heterogene Bespielung im unteren Bereich gefasst. Ein Hausdurchgang zur Roberststraße formuliert eine qualitätvolle Hofadresse für den Wohnungsbau und ist als Andienung für das Außengelände der Kita notwendig. Hohe Hecken schaffen die erforderliche Trennung zwischen der Erschließungsfunktion, der Kita-Freifläche und den bestehenden Höfen. Die Kinder können im Hof die jahreszeitliche Vielfalt unterschiedlicher Bäume, wie Ulme, Erle, Kirsche und Linde erleben und haben leicht die Möglichkeit die Spielflächen auf dem Robertplatz mit zu benutzen.

Ein Gemeinschaftsgarten im südlichen Blockinnenbereich
Die neuen Wohngebäude bilden den Raum für eine aktive und grüne Freifläche im Südosten. Die sozialräumige Abstufung der privaten Freibereiche zum gemeinschaftlichen Erholungs- und Spielraum gelingt mit kleinen, von Hecken umfahrenen Freisitzen auf einem Höhenversatz, der zugleich als Gartenmauer der zugeordneten Bereiche und Ort für technische Bauwerke zur Belüftung der Tiefgarage ist. Ein Rahmen aus kleinkronigen Bäumen erzeugt eine intensiv nutzbare Mittelzone mit Angeboten für Aufenthalt und Spiel.


Robertplatz

Den westlich ausgesparten Raum haben wir Robertplatz genannt. Er ist zugleich als öffentlicher Raum und als Ort des Quartiers gedacht. Teil des Quartiers in dem Sinne, dass die Anlieger im Erdgeschoss möglichst viele Blicke und Momente in den Platz hinein haben. Eine schmale Vorzone, die kein Vorgarten ist erlaubt Sitze und Sichtpuffer, aber eben auch Nähe. Der Solitär im Süden wird vom Platz eingefasst. An der Kontaktzone wird ein grüner Puffer auf Sockelhöhe eingeführt, der dem Platz eine definierende Kante bietet. Umlaufend schließt eine Bewegungszone an, auf der Fußgänger und Radfahrer den Platz umspülen. Dieser Bereich ist unterschiedlich breit und es liegen Angebote zum Aufenthalt, zur Kommunikation und zum Spiel auf dem Weg.
Die diagonalen Beziehungen werden geometrisch in den Flächen aufgegriffen, ein gerader Weg wird absichtlich nicht angeboten, wer hier durch will, soll mit dem Quartier in Kontakt geraten.
Der innere Platz ist offen und vom Thema des Spiels bestimmt, Kiefern oben und Gräser unten sind so zusammengestellt, dass auf Augenhöhe Durchblick und Weite zu spüren sind. Das Spielangebot hat verschiedene Funktionsbereiche, vertikale Holzstämme, silbergrau und knorrig, halten gestalterisch alles zusammen. Die Schnittbereiche der intensiven Spielflächen laden mit einer Mehrzahl kleiner Plätze alle Generationen auf den Platz ein.