Städtebauliche Planungswerkstatt
Römisch-Germanisches Museum | Kölnisches Stadtmuseum |
Kurienhaus der Hohen Domkirche zu Köln, 2014

Phase 2 | Städtebauliches und funktionales Konzept


Idee

Die Domumgebung bildet in ihrer stadträumlichen und baulichen Ausprägung ein breites Spektrum von Raumkonzepten und Entwicklungsstufen aus unterschiedlichen Zeiten ab. So zeugt beispielsweise der Durchbruch zwischen heutigem Roncalliplatz und Am Hof von den Bestrebungen des neunzehnten Jahrhunderts, den Domhof von seiner mittelalterlichen Umschränkung zu befreien und als zentralen urbanen Platzraum mit der Stadt zu verbinden. Folgerichtig wurde auch das dreiseitig frei gestellte Domhotel mit seiner axialen Fassadengliederung auf eine das Umfeld zu allen Seiten hin strukturierende Wirkung ausgelegt. Der im neunzehnten Jahrhundert entstandene schmale Baublock (ungefähr heutiges Baufeld) repräsentierte damals mit seinen stolzen Häusern das Stadtbürgertum im Unterschied zum ehemaligen Bischofssitz. Diese Stadtinsel hatte ringsum nahezu gleichwertige Lagen und bildete eine repräsentativ gestaltete Kopfseite als Gegenüber des Domhotels aus.
Das 1974 als frei stehender Solitär eingefügte schöne Gebäude des Römisch- Germanischen Museums versteht sich in seiner architektonischen Konzeption mit einem transparenten und durchlässigen Erdgeschoss, dem geschlossenen Obergeschoss und der moderaten Bauhöhe einerseits als stadträumliche Begrenzung, aber gleichzeitig auch als transparentes Bindeglied des heutigen Roncalliplatzes zur Rheinseite.
Der Komplex des Museum Ludwig/Philharmonie greift diesen Ansatz auf und setzt die Verbindung über Raumfolgen auf verschiedenen Ebenen bis zum Rheinufer fort.
Es war unser Anliegen, die unterschiedlichen, faszinierenden und ablesbaren Potentiale, Zeitschichten, Konzepte und Stimmungen dieses Ortes jeweils angemessen zur Geltung zu bringen. Sie zu einem transparenten, vielstimmigen Klangbild zu vereinen, sie nicht umzudeuten, sondern sie neu sichtbar zu machen. Im Sinne der Idee von Stadt als sich ständig wandelnde Realität, die letztendlich auch aufgrund ihrer Komplexität gültig, dauerhaft und schön ist.


Stadträume

Die stadträumliche Konzeption bezieht sich unter Anderem auf die Vorkriegsbebauung des Baufeldes mit ihrer folgerichtigen, allseitig gleichwertigen Kantenführung. Dabei wurde die Definition der Höhen- und Kantenverläufe auf Basis einer genaueren Analyse der jeweiligen Stadträume unter den aktuellen Bedingungen ausgearbeitet (Phase 1).
Im Ergebnis entsteht ein ruhiges, selbstbewusstes Bauwerk, welches der heterogenen Situation Halt gibt, nach allen Seiten hin ordnend und vermittelnd wirkt und die funktionalen Aspekte wie Wegeverbindungen und Adressbildungen auf selbstverständliche Art ermöglicht. Der Bau wird als allseitig gleichwertiger städtischer Baublock mit Straßenseiten, Straßenecken und unterschiedlichen Funktionen erlebt und bildet gleichzeitig ein stimmiges Ganzes.
Die nördliche Baukörperkante gibt der Domplatte eine Fassung und betont die Eigenschaft des Römisch-Germanischen Museums als eingefügtes Bindeglied. Dabei ermöglicht die angemessen proportionierte Fuge zum RGM mit beidseitig angeordneten Schaufenstern einen großzügigen niveaugleichen Zugang zum Museum Ludwig mit Straßencharakter. Über eine breite Treppenanlage erfolgt eine selbstverständliche urbane Verbindung zum Kurt-Hackenberg-Platz und zur Philharmonie im Verlauf der römischen Stadtkante.
Nach Westen entsteht gegenüber dem Domhotel eine ruhige Fassade, die eine starke Ausstrahlung auf den Roncalliplatz wie auch auf den Platzbereich Am Hof ausübt. Hier könnte – sehr präsent zur Stadt wie zum Dom – die Eingangshalle des KSM angeordnet werden. Diese Seite des neuen Gebäudevolumens rekonstruiert die westliche Kante der Vorkriegsbebauung, sie fasst und begleitet gleichzeitig den Übergang zwischen Via Culturalis und Roncalliplatz.
Die südliche Baukörperflucht weist einen leichten Knick auf. Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass dadurch eine harmonischere Raumfolge zwischen Wallrafplatz und Kurt-Hackenberg-Platz entsteht.
Nach Osten sorgt eine der Umgebung angeglichene Bauhöhe für einen ausgewogenen Maßstab. Aus Richtung Altstadt sind dadurch auch die Domtürme gut sichtbar.
Erdgeschossig könnten hier die Studiensammlung des RGM, das Römische Hafentor sowie die Römische Hafenstraße öffentlich sichtbar und zugänglich gemacht werden. Außerdem wäre ein zusätzlicher Zugang zur neu konzipierten Eingangshalle des RGM von hier aus möglich.


Funktion

Grundsätzlich werden die Verwaltungsbereiche von Kurienhaus, KSM und RGM vollkommen unabhängig voneinander, mit jeweils eigener, prominenter Adresse über jeweils nur zwei Geschosse organisiert. Die Einheiten verfügen über eigene Innenhöfe und rheinseitige Dachterrassen.
Die Fläche des Kurienhauses ist Domseitig angeordnet mit repräsentativem Eingangsbereich direkt vom Roncalliplatz sowie einer zum Dom orientierten ebenerdigen Fläche (Buchhandlung).
Das Stadtmuseum mit prominentem Eingang über die Westfassade erstreckt sich über nahezu das gesamte Niveau der Ebene Roncalliplatz (mit Ausblick auf den Rathausturm) sowie einen großen Teil des darüber liegenden Geschosses (mit Ausblick auf den Dom), was einen idealen, vielfältig gestaltbaren Rundgang mit Start- und Endpunkt in der Eingangshalle ermöglicht. Weitere Flächen, wie etwa Wechselausstellung, Veranstaltungssaal, Bibliothek oder Museumsschule sind direkt vom Foyer aus zugänglich auf dem Niveau Kurt-Hackenberg-Platz angeordnet, mit einer möglichen Anbindung an die Römische Hafenstraße sowie das RGM. Es entsteht dadurch ein gutes Potential für Nutzungssynergien.
Für das RGM ergeben sich durch die zusätzlich geschaffene Lage am Kurt-Hackenberg-Platz weitere vielfältige Möglichkeiten zur Integration von Studiensammlung, Bibliothek, Hafenstraße und Hafentor. Durch eine direkte Anbindung dieser Funde und Einrichtungen an die neue Eingangshalle des RGM (bisherige Passage) wird das Museum um eine interessante Dimension reicher.

Köln, 04.12.2014
Johannes Schilling